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steriler Handschuhspender, Handschuhbox, Handschuhaufbewahrungsbox mit antibakteriell reagierender Oberfläche zur Aufbewahrung von sterilen Einmalhandschuhen

Händedesinfektion: Kleine Maßnahme
mit großer Wirkung

Quelle: KTM Krankenhaus Technik + Management, Ausgabe Mai 2019

 

Händedesinfektion: Kleine Maßnahmemit großer Wirkung

Bereits zum 13. Mal fand das Symposium für Krankenhausinfektionen vom 27. bis 29. März 2019 in Ulm statt. Veranstaltet wurde das wissenschaftliche Programm von Prof. Dr. med. Heike von Baum von der Sektion Krankenhaushygiene des Institutes für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Ulm. Die Tagungsleitung oblag neben Professorin Baum auch Prof. Dr. med. Steffen Stenger, ebenfalls vom Universitätsklinikum Ulm.

 

Bereits am Eröffnungstag waren 1.400 Besucher ins Maritim Congress Centrum, direkt an der Donau gelegen, gekommen. Schwerpunkte der Vorträge waren unteranderem:

  • Entscheidungsfindung in der Hygiene,
  • Desinfektion und Reinigung (zum Beispiel Flächen- und Händedesinfektion), Nasszelle im Krankenhaus (antibiotisch wirksame Substanzen,
  • zum Beispiel in Duschen; antibiotikaresistente Bakterien im Abwasser),
  • Mikrobiom und antimikrobielle Oberflächen,
  • Nachhaltigkeit von Hygienemaßnahmen,
  • Hygieneherausforderungen der Bundeswehr im Einsatz,
  • Patienten- und Bürger-Empowerment in Sachen Hygiene,
  • multiresistente Erreger und Therapiehunde im Krankenhaus. Eine umfassende Industrieausstellung, auf der sich die Besucher über Neuigkeiten auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene informieren und beraten lassen konnten, rundete die Veranstaltung ab. Bei der Pressekonferenz gaben Prof. Dr. Heike von Baum, Prof. Dr. Steffen Stenger, Prof. Dr. med. dent. Margrit-Ann Geibel (Universitätsklinikum Ulm), Prof. Dr. Wolfgang Gaißmaier (Universität Konstanz), Dr. Anne

Marcic (Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren Schleswig-Holstein) und Dr. Michael Spiesberger (Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Nord) einen interessanten Einblick in ihre Arbeitsbereiche.

 

„Warum tue ich manchmal das Falsche, obwohl ich es besser weiß?“

Professor Gaißmaier, der einen Lehrstuhl für Decision Making hat, erklärte das Leitmotiv der Methode: „Warum tue ich manchmal das Falsche, obwohl ich weiß, was ich tun sollte?“ Er beklagte zunehmend nicht sachliche Diskussionen, sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik. Zwar liefere die Wissenschaft Fakten, doch seien diese oft nicht Grundlage der Kommunikation, sondern diffuse Ängste und falsche Risikoeinschätzungen. Das gehe soweit, dass die Wissenschaft in fragegestellt werde, weil die Fakten nicht ins bestehende Bild passten. „Es wäre besser, sich erst einmal auf die Faktenlage zu einigen. Das würde Debatten versachlichen“, so Gaißmaier. Als Aufgabe der Wissenschaft sieht er dabei die verständlichere Aufbereitung der Fakten. Viel Aberglauben gäbe es beispielsweise beim Thema Impfen. Das mit der Krankheit verbundene Risiko werde unter-, die Risiken einer Impfung würden überschätzt. Jedoch überwiege bei jeder Stiko-Empfehlung zum Impfen der Nutzen das Risiko. Impfen, und zwar speziell des medizinischen Personals, war auch das Spezialthema von Dr. Marcic. Das Personal trage eine besondere berufliche Verantwortung, sowohl sich selbst als auch den Patienten gegenüber. Die aktuell diskutierte Impfpflicht lehnt Marcic jedoch ab, zumindest beim medizinischen Personal. Man setze vielmehr auf niedrigschwellige Angebote: „Das Impfen muss zum Personal kommen“, so Marcic. Der Schwerpunkt liege dabei bei der Influenza-Impfung. Dass kleine Maßnahmen oft viel helfen, zeigt das Beispiel der Händehygiene. An der Universitätsklinik Ulm hat sich die Zahl der Spender für Desinfektionsmittel in den letzten fünf Jahren verdoppelt; zusätzliche wurden im öffentlichen Bereich aufgestellt. Auch setzt man vermehrt auf leuchtend, bunte Farben und berührungslose Technik. Dies habe, zusammen mit Schulungen der Patienten, Erfolg gezeigt, so Dr. Baum: „Die Spender werden sehr gut genutzt.“ Gerade chronisch kranke Patienten sähen die Händedesinfektion als Chance an, selbstaktiv zu sein und etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Von der Herausforderung, die Gesundheit der deutschen Soldaten bei Auslandseinsätzen nach deutschem Recht und Gesetz zu schützen, berichtete Dr. Spiesberger. So wurden beispielsweise Krankenhäuser im Kosovo und in Afghanistan gebaut. Gerade die Behandlung von Patienten in Syrien und Libyen habe die Ärzte vor große Aufgaben gestellt, denn viele Kranke waren mit multiresistenten Keimen besiedelt. Weitere Problemfelder waren Parasiten und Wassermangel. Die Erfahrungen aus den Bundeswehreinsätzen fließen auch in die Arbeit der Universitätsklinik Ulm ein, so Baum; man stehe in einem regen Austausch.

 

Nasszelle, Impfen und Händehygiene

Die Nasszelle im Krankenhaus ist naturgemäß ein Hotspot für Keime und andere Substanzen. Alexander Vogt, Universitätsklinik Bonn, suchte dort nach Vorkommen antibiotischwirksamer Substanzen in Toiletten-, Waschbecken- und Duschabflüssen. Erstmals wurden auch Abwasser führende Leitungsnetze daraufhin untersucht. Vogt kam zu dem Schluss, dass sich Antibiotika im Biofilm speichern. Insbesondere in der Dusche konnten Rückstände nachgewiesen werden. Mit dem Fotoapparat hatte Johanna Groß von der Schön Klinik Prien typische Missstände in Nasszellensichtbar gemacht. Ihr Fazit: „Die Nutzung von Nasszellen braucht klare Regeln.“ So dürften Patienten das Wasser nicht im Waschbeckenaufstauen und der Kontakt zum Eigentum von Mitpatienten sei zu vermeiden, um sich vor Erregern zu schützen. Dr. med. Heidrun Thaiss berichtete von den Aufgaben der BZgA. Große Kampagnen betreffen derzeit die Impfaufklärung, die Grippeimpfung und die Händehygiene. Die Impfbereitschaft sei gestiegen, so Thaiss. Jedoch gäbe es einen harten Kern von zwei bis fünf Prozent an Impfgegnern, die man nicht erreichen könne. Auch in Zeiten der sozialen Medien sei immer noch der Arzt die gefragteste Informationsquelle der Menschen, wenn es ums Impfen geht. Aufklärung tue auch bei der Händehygiene Not, insbesondere bei Männern – bei den 16- bis 30-jährigen sowie den über 60-jährigen….

Dagmar Kübler